27.–28. April 2023
in Aachen, Deutschland

Tagung im Rahmen der
Battery Conference 2023

 

27.–28. April 2023
in Aachen, Deutschland

Tagung im Rahmen der
Battery Conference 2023

27.–28. April 2023
in Aachen, Deutschland

Tagung im Rahmen der
Battery Conference 2023

Zum Thema

Vehicle-to-Grid (V2G), Vehicle-to-Home (V2H), bidirektionales Laden, das Auto als Stromspeicher zur Netzstabilisierung (Regelenergie), neue Netzdienstleistungen, CHAdeMO-Stecker

Inzwischen wird immer deutlicher, dass für die Energiewende mehr elektrische Speicher benötigt werden. Besonders der Wegfall der Momentanreserve durch die zunehmende Reduktion der rotierenden Massen bei den Generatoren erfordert rasche Alternativen. Einen enormen Zuwachs an Speicher gibt es zurzeit durch die starke Zunahme von Elektroautos (Batteriefahrzeugen). Dort sind Speicher je Elektroauto zwischen 40KWh und 150 KWh üblich. Was liegt also näher, als diese beiden Dinge zu verbinden? Volkswirtschaftlich ist das sinnvoll und würde viel Geld sparen, weil so bei dem Netzausbau und der Netzverstärkung anders geplant werden kann. Technisch müssen die E-Autos also Energie nicht nur aufnehmen können (Laden), sondern auch wieder ins Stromnetz zur Netzstabilisierung einspeisen können. Eine Notwenigkeit dazu ist eine für alle geltende Kommunikationsinfrastruktur. Zudem muss ein übergeordnetes Management eingerichtet werden, um das Landen und Entladen zu priorisieren. Bei weiterer Zunahme der Elektromobilität ist ein intelligentes Laden aber ohnehin obligatorisch, weil sonst die Netze überlastet werden. Technisch ist das bidirektionale Laden bereits weit fortgeschritten. Es fehlen Vorgaben und Anreize des Gesetzgebers. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass immer nur ein Teil der vorhandenen Elektroautos am Netz hängt, genauso wie die Tatsache, dass es für den E-Auto Besitzer einen monetären Mehrwert geben muss, wenn Ihre Batterie zur Netzstabilisierung zur Verfügung gestellt wird.

Es gibt vielfältige Nutzungsmöglichkeiten für bidirektionales Laden von Elektrofahrzeugen. Dabei kann ein Besitzer durch die Eigennutzung als Heimspeicher direkt einen Vorteil erzielen. Weitere Nutzungsmöglichkeiten durch Dritte setzen eine angemessene Vergütung und garantierte Ladezustände voraus, die in dem jeweiligen Geschäftsmodell berücksichtigt werden müssen.

Der Volkswagenkonzern hat bekannt gegeben, dass zukünftig alle ID Modelle bidirektional Laden können. Für das Jahr 2022 ist ein OTA-Update (Version 3.0/3.1) geplant. Fahrzeuge mit der 77 kWh Batterie sollen nach dem Update bidirektional laden können.

Damit das bidirektionale Laden funktioniert, müssen folgende Gruppen/Firmen zusammenkommen und Verträge abschließen: Elektroauto-Besitzer, Elektroautohersteller, Hersteller von Ladeinfrastruktur, Service Provider, Stromnetzbetreiber, Gesetzgeber und Normungsgremien.

Je nach Anwendung können unterschiedliche Akteure profitieren. Außerdem muss die Steuereinheit anhängig der Anwendung an unterschiedliche Datenquellen angebunden werden.

Technische Grundlagen

Zum Aufladen der Batterie aus dem Stromnetz ist ein Gleichrichter notwendig, der den Wechselstrom in Gleichstrom umwandelt. Weiterhin muss beim Aufladen der Batterie der Strom mittels Laderegler geregelt werden, damit die Batterie nicht überladen wird. Wenn die Autobatterie Strom ans Netz abgeben soll, ist ein Wechselrichter notwendig, der den Gleichstrom der Batterie in Wechselstrom umwandelt. Es gibt bidirektionale Wechselrichter, die beide Funktionen, also sowohl Gleichrichter zum Laden als auch Wechselrichter zum Entladen ins Netz, unterstützen.

Elektroautos kann man direkt an eine 230V Haushaltssteckdose zum Laden anschließen. So wurde es bei den ersten Fahrzeugen sehr häufig gemacht, als es noch keine Wallboxen gab. Hierbei wird das Auto direkt mit Wechselstrom (AC) geladen. Beim Wechselstromladen ist der Gleichrichter daher im Fahrzeug eingebaut, und es ist Abhängig des Fahrzeugherstellers, wie der Gleichrichter dimensioniert ist. An einer Haushaltsteckdose kann der Gleichrichter mit maximal 2,3 kW Leistung laden. Viele Elektroautos können auch an einer Drehstromsteckdose aufladen. Dabei ist die Ladeleistung höher, meist 10 kW, oft 20 kW oder auch bis zu 40 kW (63 A pro Drehstromphase) und es muss der Gleichrichter im Auto entsprechend ausgelegt sein. Beim Anschluss an eine normale Steckdose erfolgt das Laden ungesteuert von außen. Nur der Laderegler im Auto entscheidet, ob und wieviel geladen wird.

Wenn das Laden auch von außen gesteuert werden soll, muss das Fahrzeug an eine Ladestation (Wallbox oder Ladesäule) angeschlossen werden. Das ist häufig bei höheren Leistungen und bei öffentlichen Ladestationen der Fall. Die Ladestation kann dann dem Laderegler im Auto mitteilen, wie hoch die Leistung sein soll. Sie ist beim Wechselstromladen aber nur eine Steuereinheit und kann nicht selbst den Leistungsfluss verändern.

Stecker zum Wechselstromladen sind in Nordamerika und Japan meist Stecker nach Typ 1. In Europa am meisten verbreitet ist der Stecker Typ 2, auch Mennekes-Stecker genannt. Beide Stecker haben zusätzlich zwei weitere Pins bei denen Informationen zur maximalen Ladeleistung und die momentan einzustellende Ladeleistung übergeben werden. Es ermöglicht auch nur eine Datenkommunikation von der Ladestation zum Fahrzeug, jedoch nicht zurück und kann auch nicht um weitere Information ergänzt werden. 
Beim Gleichstromladen befindet sich der Gleichrichter und Laderegler in der Ladestation. Das bedeutet, dass die Ladestation Leistungselektronik enthält und damit den Leistungsfluss selbständig einstellen kann. Damit ist eine Gleichstrom-Ladestation deutlich aufwändiger und teurer als eine Wechselstrom-Ladestation.  Da Größe und Gewicht des Gleichrichters eine deutlich kleinere Rolle als im Fahrzeug selbst spielen, kann man wesentlich größere Ladeleistungen von über 100 kW verwirklichen. Wann, wieviel geladen wird, kann dann von der Ladestation bestimmt werden.
Wenn die Batterie im Fahrzeug für weitere Zwecke, wie bidirektionales Laden genutzt werden soll, muss der Laderegler wissen, wann und wieviel die Batterie geladen und entladen werden soll. Dazu muss eine Datenverbindung von einer Steuereinheit zum Laderegler bestehen. Außerdem muss eine Steuereinheit auch wissen, wie weit die Batterie aktuell geladen ist und wann der Benutzer plant, mit dem Fahrzeug zu fahren und dann eine geladene Batterie wünscht. Aus diesem Grund muss eine Verbindung vom Fahrzeug zurück zur Steuereinheit existieren.

Bei Verwendung einer Ladestation kann diese eine Steuereinheit für das bidirektionale Laden enthalten. Bei Wechselstrom-Laden mit dem weit verbreiteten Typ 2-Stecker gibt es aber nur eine analoge Datenverbindung von der Steuereinheit in der Ladestation zum Laderegler, die zudem nur das Aufladen der Batterie steuern kann. Aus diesen Gründen ist aktuell das bidirektionale Laden mit Wechselstromladen nur sehr selten erhältlich. Beim Gleichstromladen ist die Leistungselektronik in der Ladestation. Weiterhin könnte grundsätzlich auf eine Datenverbindung zum Fahrzeug verzichtet werden, denn der Laderegler, der die Stromrichtung bestimmt, befindet sich in der Ladestation und kann dort an die Steuereinheit angeschlossen werden. Allerdings muss die Schutzelektronik im Fahrzeug über das Entladen Bescheid wissen, und der Ladezustand und Endzeitpunkt sollte auch vom Fahrzeug zur Steuereinheit übertragen werden können. Daher ist auch beim Gleichstromladen in der Praxis eine Datenverbindung in beiden Richtungen notwendig.

Eine ausreichende Datenverbindung ist allerdings nur bei dem CHAdeMO-Stecker vorhanden. Das CAN-Bus-Protokoll ist zum Entladen ins Netz erweitert worden und erlaubt auch eine Datenverbindung vom Fahrzeug zur Ladestation.

Hingegen nutzt der CCS-Stecker dieselbe Datenkommunikation, wie der Wechselstrom-Stecker Typ 2 und ist daher für bidirektionales Laden nicht ohne weiteres geeignet. In Zukunft wird auch das CCS-System in Verbindung mit der ISO 15118 die Möglichkeit des Rückspeisens bieten.

Heute jedoch ist bidirektionales Laden im Wesentlichen nur mit dem CHAdeMO-Stecker möglich. Es gibt bereits in Europa erste E-Fahrzeuge, die ins Netz zurückspeisen können.

Eine elegante Möglichkeit, dass Stecker-Wirrwarr bei der Datenübertragung zu umgehen, ist die Nutzung einer drahtlosen Datenverbindung über Funk. Hier bietet sich den neuen Standard V2X (Vehicle-to-Everything) zu nutzen.  Dieser wird für die Verkehrsvernetzung verwendet und beinhaltet eine Kommunikation über Funk zwischen Fahrzeugen, aber auch zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur. Letztere kann auch für die Datenübertragung zwischen Fahrzeug und Ladestation genutzt werden. Erste Fahrzeuge nutzen schon V2X. Es gibt inzwischen eine Firma, die eine bidirektionale Ladestation mit CCS-Stecker kommerziell anbietet und die notwendige Datenübertragung mit V2X realisiert.
Im VDE gibt es mehrere Normungsaktivitäten, die das bidirektionale Laden betreffen. Dort heißt es: „Der Arbeitskreis DKE/AK 353.0.401 „Bidirektionales Laden“ ist dafür verantwortlich, den Normungs- und Standardisierungsprozess bestmöglich auszurichten bzw. die Ergebnisse optimal für die Normung und Standardisierung anpassen zu können. Es existiert bereits eine Vielzahl von notwendigen Normungsaktivitäten zum Handlungsfeld „Bidirektionales Laden“. Die Norm IEC 61851-1 enthält beispielsweise die Grundlagen für die Kommunikation zur Steuerung von Ladevorgängen bei Elektrofahrzeugen. Neben Normen gibt es auch VDE-Anwendungsregeln, die für den Anschluss von Ladeeinrichtungen wie Ladestationen oder Wallboxen entscheidend sind.
Die Batterie des Elektroautos kann als Ersatz für einen Heimspeicher dienen, insbesondere in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage (Vehicle-to-Home, V2H). Das lohnt dann, wenn das Fahrzeug tagsüber häufig an die Ladestation angeschlossen ist. Dann kann es wirkungsvoll dazu dienen, die Eigennutzung der Photovoltaikanlage zu erhöhen. Abends nach Sonnenuntergang kann dann ein Teil der Energie in der Batterie für die Nutzung im Haushalt verwendet werden. Bei den stark gestiegenen Strompreisen ist dieses Modell derzeit besonders attraktiv. Grundsätzlich könnte man sich sogar vorstellen, die Fahrzeugbatterie bei einem Stromausfall zur Notfall-Stromversorgung zu nutzen. Genau, wie bei einem Heimspeicher müsste dann allerdings der Wechselrichter im bidirektionalen Laderegler inselnetzfähig sein. Autohersteller arbeiten auch dazu an Angeboten.

Wenn Netzbetreiber, Stromhändler oder Betreiber von virtuellen Kraftwerken die Speicherkapazität des Elektroautos nutzen wollen, muss der Nutzen für die Eigentümer deutlich werden. Geschäftsmodelle müssen eine angemessene Vergütung für die Leistung berücksichtigen. Ebenso muss den Fahrzeugbesitzern eine Mindestmenge an Energie und gegebenenfalls die volle Ladung zu einem vorgegebenen Zeitpunkt garantiert werden. Dies muss in den jeweiligen Geschäftsmodellen berücksichtigt werden.

Die meisten Anwendungen können dann nur umgesetzt werden, wenn viele solche Fahrzeugspeicher gemeinsam als sogenannte Schwarmspeicher gesteuert werden. Eine entsprechend zuverlässige Datenverbindung von einer zentralen Steuereinheit ist daher in den meisten Fällen notwendig. 

Zu berücksichtigen ist, dass in einem solchen Schwarm nicht immer alle Fahrzeuge am Stromnetz angeschlossen sind. Hier ist mit statistischen Wahrscheinlichkeiten zu arbeiten. Insbesondere die Nutzung von Fahrzeugflotten der Betreiber kann in dem Zusammenhang interessant sein, da die Nutzungszeiten wesentlich besser bekannt und vorhersagbar sind. 

Elektroautos können in großer Anzahl in Zukunft zur Regelung und Stabilisierung des Stromnetzes verwendet werden. Da sie in Zukunft in großer Zahl existieren, wäre das der größte Nutzen für das Stromnetz. Die Laderegler könnten also die Momentanreserve ergänzen, welche bei Lastschwankungen im allerersten Moment wirksam wird und die Netzfrequenz stabilisiert. Derzeit wird das noch durch große rotierende Massen von Generatoren in Großkraftwerken geleistet. In Zukunft muss diese Funktion von Geräten mit Leistungselektronik übernommen werden.

Ein Betreiber eines Virtuellen Kraftwerks könnte als Aggregator einen Schwarmspeicher mit Elektrofahrzeugen bilden und die Leistung am Regelenergiemarkt verkaufen.

Insbesondere Primärregelung ist attraktiv für die Nutzung mit Batterien. Die abgerufene Leistung ist proportional zur Abweichung der Netzfrequenz vom Sollwert. Sie weicht aber nur selten gravierend ab, sodass meistens wenig, bis gar keine Leistung geliefert werden muss. Weiterhin ist der Markt für Primärregelung so attraktiv, dass man dort mit Batterien heute schon Profit erwirtschaften kann.